Rede zum Haushalt 2023 der Stadt Rees

Haushalt Rees 2023

Sehr geehrte stellvertretende BürgermeisterIn,
geehrtes Team der Stadtverwaltung,
Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat,

der städtische Haushalt stellt uns erneut vor Herausforderungen. Die Corona-Pandemie wirkt immer noch nach. Nicht dessen genug, tobt seit über einem Jahr der unsägliche Krieg in der Ukraine! Und leider zeigt uns dieser Krieg mal wieder, wie wenig wir Menschen aus vorherigen Kriegen gelernt haben. Es ist utopisch zu glauben, durch die Anwendung von Gewalt eher ans Ziel zu gelangen, als durch Verhandlungen.

In Rees sind auch Flüchtlinge angekommen. Wir wollen diese Flüchtlinge willkommen heißen. Es ist und kann auch in der Zukunft keine Frage sein, hier Hilfe zu leisten. Den Flüchtlingen ein sicheres Zuhause und Schutz zu geben. Solange wie sie es benötigen, ungeachtet aller Probleme, die hieraus entstehen können.

Die gesellschaftlichen und ökonomischen Folgen dieser Krisen sind überall spürbar. Die Weltmärkte sind so nervös und instabil, dass sogar seit einigen Tagen befürchtet werden muss, dass eine erneute Bankenkrise bevorstehen könnte.

Diese Krisen haben bestehende Abläufe in der Welt durcheinandergebracht. Vieles für uns gewohnte ist auf den Kopf gestellt. Preise in allen Lebensbereichen sind rasant gestiegen. Inflation 2022 = 7,9%. Die höchste Inflation in der Geschichte der Bundesrepublik.

Die Regierungen versuchen nicht nur über aufgelegte Sondervermögen der kaputtgesparten Bundeswehr zu helfen. Nein, sondern auch dem Bürger mit Entlastungshilfen wie der Energiepreisbremse. Auch den Kommunen wird geholfen. Das von der Landesregierung aufgelegte Isolierungsgesetz hilft, dass die Kosten vorgenannter Krisen nicht jetzt schon zu einer Haushaltssicherung führen.

Klar ist allerdings auch, die gebildeten Sondervermögen und Isolierungen müssen bezahlt werden. Eine Abschreibung über einem Zeitraum von 50 Jahren hilft. Will man diese Mehrbelastung der Haushalte nicht über Steuererhöhungen finanzieren, müssen die Kommunen die Gelder hierfür es selbst erwirtschaften.

Den sonst gehörten Spruch: „Das belastet die nächsten Generationen“ habe ich bisher nicht gehört. Klar ist allerdings, heute getroffene millionenschwere Entscheidungen werden sich auf die nächsten Generationen auswirken.

Auf vielen Ebenen werden solche teils nicht nachvollziehbare Entscheidungen getroffen. Ein Beispiel ist die Anschubfinanzierung des Klimaschutzbeauftragten durch den Bund. Diese läuft dieses Jahr aus und belastet unseren Haushalt erstmalig mit 76.000 €. In den nächsten sechs Jahren werden wir insgesamt ca. eine halbe Million Euro für diese Stelle und die Sicherung von Fördermitteln ausgeben. Hätten wir diese Gelder nicht besser direkt in Klimaschutzprojekte investieren sollen?

Die Erarbeitung eines Klimaschutzkonzepts sollte ein Ziel beinhalten. Dieses Ziel ist vorgegeben. Klimaneutralität bis 2045. Und in Rees? Schon bei der Erstellung ist klar, dass wir es Stand heute nicht erreichen werden. Zu viele nicht beeinflussbare Faktoren spielen hier mit rein. Wozu dann dieser Aufwand? Die Reeser Verwaltung hat in den voran gegangenen Jahren, ohne die Unterstützung eines Klimaschutzbeauftragten, vieles schon erreicht. Und was wäre nicht noch alles mit einer weiteren haben Million Euro zu erreichen?

Ein Ziel, und dieses schon seit Jahren: regenerative Energiegewinnung noch stärker zu nutzen. Dies z.B. durch mehr Installationen von PV-Anlagen - verstärkt bei allen Neuprojekten. Trotz verständlicher Bedenken aber auch bei bestehenden Gebäuden, wie z.B. dem Rathaus. Bei einem schnellen Ausbau wäre dann die Forderung nach einer Reduzierung von Abhängigkeiten nur noch Makulatur.

Wir dürfen auch nicht die Anstrengungen uns auf die klimatischen Veränderungen vorzubereiten außeracht lassen. Dazu gehört auch ein Maßnahmenkatalog, wie auf extreme Wetterereignisse reagiert werden soll. Unser Antrag dazu hat leider zu kurz gegriffen, da wir uns nur auf die Leistungen des Bauhofes konzentriert haben. Für Extremwetterlagen gilt es alle relevanten Einsatzgruppen und Bevölkerungsgruppen wie Verwaltung, Feuerwehr, Polizei, THW, Malteser, Landwirte, Ärzte, etc. zu beteiligen.

Wir kommen nicht drum herum uns den Veränderungen zu stellen. Unverständlich ist es für, dass neue Bauformen wie Tini- und Minihäuser keine Möglichkeit eingeräumt bekommen. Zumal uns bekannt ist, dass Anfragen von Bauinteressenten bei der Stadtverwaltung eingegangen sind.

Wir müssen verstehen, dass wir unsere heutige Form zu wohnen und den damit auch verbundenen Energie- und Flächenverbrauch verändern müssen. Kleinere, flächenschonendere Bauformen, der Ausbau regenerativer Energien und deren Nutzung, wird uns in Zukunft verstärkt beschäftigen. Wieso denken wir immer in großen Maßstäben? Lasst uns über kleine energieautarke Gemeinschaften verteilt über unser Stadtgebiet reden und nachdenken.

Mit diesen Überlegungen hat die FDP-Fraktion bereits im Laufe des Jahres 2022 versucht, durch intensives Begleiten, das politische und verwaltungstechnische Handeln zu beeinflussen. Dies ist uns an der einen oder anderen Stelle gelungen. In anderen Bereichen aber auch eben nicht.

Mit Spannung warten wir auf die Sitzungsvorlagen für geplante Investitionen. Als Beispiele seien genannt: Bau einer zusätzlichen Bouleanlage an der Sportanlage Ebentalstrasse, Stelen an den Ortseingängen von Millingen, wenn auch zum Teil gefördert. Neubau der Zufahrt und Parkplatz am Sportplatz in Haldern für insgesamt 1,3 Mio €. Oder den Ausbau eines Wegeteilstückes in Esserden mit insgesamt 140.000 €.

Wir erwarten auch mit Spannung, wie die großen Projekte in Rees, NIAG-Gelände incl. Sozialrathaus als Beispiel, voranschreiten. Es ist nicht erkennbar, wann sich hier wirklich etwas bewegt, und dieser Stillstand nervt. Dies ermuntert die ansässigen Geschäftsleute und Gastronomen nicht, selbst einen Beitrag für Rees zu leisten und Investitionen zu riskieren. Öffentliche Stellen und wir können hier nur hoffen, dass dieser gefühlte Stillstand sich bald umkehrt in eine Aufbruchsstimmung.

Vielleicht kommt die Aufbruchsstimmung durch das Leuchtturmprojekt „Marissa Park“. Wir hoffen und haben den Optimismus, dass der Marissa Park, trotz aller Veränderungen, für eine Belebung in Rees und seinen Ortsteilen sorgt. Wir hoffen das Unternehmensmut und Bürgermut dafür sorgen, dass sich Leerstände zu reduzieren. Geplante Umbauten von Ladenlokalen zu Wohnungen sich als unnötig herausstellen. Vielleicht erleben wir es in Rees, das Wohnungen wieder zu Ladenlokalen umgebaut werden.

Wir müssen uns trauen, Rees weiter für die Zukunft mit entsprechender Attraktivität zu entwickeln.

Dazu gehört für uns Reeser Liberalen ein Freibad. Das Reeser Freibad ist seit sieben Jahren geschlossen. Jetzt über finanzierbare modulare Schritte zu einem kompletten Freibad zu kommen und den ersten Schritt im Jahr 2024 umzusetzen, gehen wir mit. Ein großes Fragezeichen machen wir allerdings bei der Aussage, dass der zweite Schritt zum kompletten Freibad bei auskömmlicher Haushaltslage angegangen wird. Wann dies eintritt, vermag heute noch keiner zu sagen.

Mit allem, was wir wissen, bedarf es eines großen Optimismus, daran zu glauben das sich die Vorzeichen schnell verbessern.

Hierzu ein Beispiel: der im Jahr 2026 einsetzende Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Wie werden wir hierbei von Bund und Land unterstützt? Oder müssen wir diese Kosten zu großen Teilen selbst tragen? Welche Kosten hierdurch entstehen können, sehen wir im aktuellen Haushalt an den Ausgaben für den rhythmisierten Ganztag.

Wir haben für den Haushalt 2023 keine Anträge gestellt. Der finanzielle Spielraum erscheint uns hierfür zu gering. Wir Liberalen tragen diesen Haushaltsentwurf mit. Der uns vorliegende Haushalt ist noch von unserem ehemaligen Bürgermeister Christoph Gerwers mitgeprägt. Wir hoffen, dass er diesen auch als Landrat mitträgt.

Wie der zukünftige Bürgermeister den Haushalt prägt, gilt abzuwarten. Eine feste Bank ist unserer Kämmerer Andreas Mai und sein Team. Das gesamte Team der Verwaltung wird hoffentlich mit ihren Erfahrungen auch den neuen Bürgermeister beraten und weiterhin den bestmöglichen Weg für Rees aufzeigen.

Verstehen Sie dies bereits zum jetzigen Zeitpunkt als einen Vertrauensvorschuss.

Abschließend möchten wir Ihnen die Worte von Charles Darwin ans Herz legen, die sagen: „Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste. Es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann“

Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Mit liberal freundlichen Grüßen

Thomas Winkler
Fraktionsvorsitzender